Constantin und Mokuba 03

 

Das Tun von Constantin hatte Moki aufmerksam beobachtet, dieser Mann war viel zu gut erzogen er passte wirklich nicht her. „Och so dies und das, schon einiges. Ich habe nicht alles im Kopf.“ Das war ihm nicht wirklich wichtig, er hatte sich auch nicht alles gemerkt was er gelesen hatte obwohl es einige Geschichten gab die er immer wieder mal gern las. „Magst du tanzen?“ lenkte er ab, er fühlte sich gerade sehr wohl und das wollte er nutzen. 

Die eher saloppe Antwort bezüglich der Werke nahm Constantin mit einem einfachen Nicken hin. Offensichtlich wollte der Mensch nicht darüber reden, aber dafür ließ er ihn nicht aus den Augen. Es war ihm nicht entgangen, das Moki sehr aufmerksam war und er sich keinen Fehltritt erlauben konnte. Die Aufforderung zum Tanzen kam jedoch völlig überraschend. Er sah auf die Tanzfläche, auf der sich Menschen jedes Geschlechtes, jedes Alters aneinander rieben, umeinander wanden, sich mit schlafwandlerischer Sinnlichkeit im flackernden Licht wiegten... das war kein Tanzen... das schien eher ein Vorspiel zu sein. Der Mund wurde ihm trocken, wenn er nur daran dachte, sich Mokuba auf diese Weise zu nähern. Aber dennoch kam dies nicht in Frage, weder war es die richtige Zeit noch der richtige Ort. „Danke, aber ich denke ich werde dir lieber zusehen.“ Er fühlte sich zu alt, um seine Kreise um diesen Jüngling zu drehen und damit sein Werben nur umso deutlicher werden zu lassen. 

„Okay, dann tanze ich alleine.“ Mehr kam von Mokuba nicht, dann glitt er vom Barhocker und tanze auf die Tanzfläche zu wo er sich in die Masse mischte und sich im Takt der dröhnenden Musik bewegte. Er tanze für sich und doch suchte er sich für kurz einen düsteren Partner an dem er sich reiben konnte und der ihm umgarnte als wären sie ein Paar, aber so war der Tanz und er brauchte nicht zu Constantin blicken um zu wissen, das der Mann ihn eingehend beobachtete.  

Der junge Mann mischte sich unter die Tanzenden und Constantin folgte ihm mit den Augen. Schon bald trat einer der älteren Vampire an ihn heran und die Beiden umtanzten einander als würden sie sich paaren wollen. Es widerte Constantin an und ein bitterer Geschmack legte sich auf seine Zunge, als er kurz dem Blick des anderer Blutsaugers begegnete. „Finger weg!“, hallte es in seinem Kopf und er wusste sicher, das eben Jener ihm deutlich drohte. In der nächsten Drehung sah er das helle Haar Mokubas sich mit der dunklen Mähne des Vampirs mischen, dann wieder trennen. Das Leuchten seiner Nemesis hatte zugenommen und mit jeder Minute, die er sich wand und wiegte, verstärkte es sich. Eifersucht! Constantin spürte es durch seine Adern rinnen. Er fletschte, völlig untypisch, seine Zähne und zeigte damit mehr als deutlich, das er nicht weichen würde. Der Ältere schüttelte nur den Kopf und wieder erklangen dessen Gedanken in seinem Kopf. „ER ist nicht für dich. Lass ihn gehen.!“ Sein Zorn war geweckt und seine Gier nach Mokuba brachte ihn tatsächlich dazu, auf die Tanzfläche zu gehen. Ein pechschwarzer Schatten der sich zwischen die Tanzenden drängte, eine Schneise schlug und mit einem bösen Knurren den Älteren von Moki wegstieß.  

Das war ja wohl nicht zu fassen, Mokuba hörte auf zu Tanzen und stellte sich zwischen Constantin und seinen Tanzpartner. „Lass ihn, du wolltest nicht tanzen, er schon.“ Seine Augen funkelten ein wenig, er fühlte die Eifersucht und sah sie auch in den Augen des Braunhaarigen. „Ich gehöre weder dir noch ihm, ich gehöre mir allein.“ Dann wich er seitlich weg und verließ schwer Atmend die Tanzfläche um im Klo zu verschwinden weil er dort verschnaufen wollte ohne das jemand merkte wie erschöpft er wegen seiner Wut geworden war. 

Constantin ignorierte Mokuba, seine ganze Aufmerksamkeit war auf den Älteren gerichtet, der ihn wütend taxierte. Erst die zornigen Worte des Menschen brachten ihn dazu, den Blickkontakt zu unterbrechen. Moki duftete süß, verführerisch und Constantin spürte die aufkommende Schwäche seiner Nemesis. Gerade als er sich von dem Ärgernis abwand um dem Menschen in die Toilette zu folgen, packte ihn eine Hand grob am Oberarm. „Nein.“, bestimmte der Tanzpartner und verstärkte seinen Griff. Constantin fuhr zornig herum und fletschte wieder die Zähne. „Was soll das? Loslassen, sofort!“ Die anderen Tänzer waren zurückgewichen, teilweise von den anwesenden Blutsaugern von der Tanzfläche gedrängt. „Er ist nicht für dich.“, wiederholte der Ältere seine Worte diesmal laut und deutlich. „Riechst du es denn nicht?“, warf ein Anderer ihm entgegen. „Was, verdammt, sollte ich riechen? Er duftet süß, ist es das?“, zischte Constantin wütend, hörte jedoch auf, sich gegen die harte Umklammerung zu wehren. Er spürte deutlich, das er etwas übersehen hatte... eine Tatsache, die jedem Blutsauger im Raum wohl bekannt war. Aber er verstand nicht, warum er Mokuba in Ruhe lassen sollte. „Er gehört niemanden... er hat es selbst gesagt. Und damit kann auch keiner von EUCH seinen Besitz an ihm festlegen.“, stellte er herausfordernd in den Raum und der Ältere löste den Griff und schüttelte nur den Kopf. „Aber er gehört auch nicht dir... und wird es niemals tun. Er ist tabu, lass dich nicht wieder in seiner Nähe sehen.“, wurde er noch aufgefordert, bevor er wutentbrannt und zugleich beschämt ob seines Kontrollverlustes den Club verließ. Der Mensch hatte ihn vor Allen zum Narren gemacht, hatte ihn provoziert und ihn der Lächerlichkeit preis gegeben! Das er selbst für seinen Fehler verantwortlich war, bemerkte er nicht. Zu sehr hing der Duft des Menschen noch in seinen Sinnen und das Leuchten benebelte noch immer den Verstand. 

Das leuchtende Wesen saß in einer der Toiletten auf einem geschlossenen Klodeckel und atmete mehrfach durch. Was in dem Club weiter vorgefallen war hatte er zum Glück nicht mitbekommen. An der Klotür klopfte es leise, es war einer der jungen Vampire. „Moki, ist alles gut?“, fragte er leise und ließ so wenig Sorge wie möglich mitklingen. „Der Kerl ist weg, du kannst wieder rauskommen.“ Fügte er leise an und lauschte dem Atem hinter der Tür. „Ich komme gleich und gehe dann auch Heim... Mach dir keine Gedanken.“ Der Vampir nickte leicht. „Ist gut, Kleiner.“ Dann ging er wieder und Moki verließ einige Minuten später auch wieder das Klo, dann den Club und ging langsam Heim. Er wollte diesen Kerl nicht wiedersehen und war froh wenn er endlich bei sich Daheim war. 

Der erste Gedanke Constantins war, sich ein weiteres Opfer zu suchen, seine Zähne in einen Hals zu schlagen und zu trinken, bis das letzte Lebenslicht erlischt. Er wollte Wärme auf seiner Haut spüren und Leben nehmen, er wollte grausam und gewalttätig sein... er... wollte... zurück zum Licht, zurück zur Wärme und er wollte in diese violetten Augen sehen und sich gehen lassen. Constantin seufzte leise auf und blieb doch auf seinem Platz sitzen. Das Dach des viktorianischen Hauses lag perfekt für seinen Zweck, er konnte ohne Mühe den Eingang des Clubs im Auge behalten. Und er wartete... worauf, wusste er selbst nicht genau. Vielleicht auf den alten Vampir, um seinem Zorn die Zügel zu nehmen... vielleicht aber auch, um endlich das Geheimnis um Mokuba zu lösen. Dieser Mann... der ihn reizte, erniedrigte,... anlächelte und damit Wärme schenkte. Erschöpft strich der Vampir sich die Haare aus dem Gesicht und bannte sie in einem einfachen Zopf. Was tat er hier? Die Sonne würde bald wieder aufgehen und er saß hier auf diesem Hausdach wie auf dem Präsentierteller, falls die Anderen seiner Art ihn angreifen würden... aber er blieb sitzen und wartete. 

Und gerade jetzt verließ Mokuba den Club, er hatte sich noch kurz von einem seiner Bekannten verabschiedet und wollte jetzt einfach nur noch Heim und in sein Bett. Seine Wohnung war noch so sehr weit entfernt und er lief immer zum Club und zurück, langsam, aber er lief immer. Andere Clubs suchte er nicht auf, er blieb in der Umgebung seiner Wohnung, sein Leben und seine Welt war auf einen bestimmten Radius um seine Wohnung herum beschränkt, aber dieses Stück Welt war Mokuba sehr wichtig und mehr brauchte er auch nicht. 

Obwohl Constantin die ganze Zeit lauernd auf die Eingangstüre geachtet hatte, war er dennoch überrascht, als sie sich plötzlich öffnete und Mokuba hinaustrat. Seine Haare leuchteten hell, aber sein eigentliches Licht fluktuierte etwas. „Wahrscheinlich müde...“, diagnostizierte der Vampir und wartete erst mal ab. Der junge Mann begann langsam, aber zielsicher eine Richtung einzuschlagen und als Constantin ihn schon fast aus den Augen verloren hatte, stand er schließlich auf und folgte ihm unbemerkt über die Dächer. 

Der Beobachtete bekam davon nichts mit, er war zu müde und wollte eigentlich nur noch in sein Bett. Nach einigen Minuten blieb er stehen um zu verschnaufen, warum hatte er sich auch nur so aufgeregt, dieser verdammte Kerl war Schuld das er sich jetzt schlecht fühlte. „Blödes Arschloch.“, murmelnd, ging Moki langsam weiter, er war gleich bei seiner Wohnung. 

Als Mokuba stehen blieb um Luft zu schnappen, hielt auch Constantin an. Scheinbar war der Mensch wirklich müde und ausgelaugt, leichte Beute... wenn er denn wollte. Diesen Gedanken verwarf er jedoch gleich wieder. Damit wäre ihm nur kurz geholfen, aber das Licht wäre auch weg... und seine Ruhe dahin. Doch als er die gemurmelten Worte hörte und eine deutliche Assoziation mit sich selbst auffing, knurrte er wütend auf. Dieser kleine Mistkerl... wenn er nicht etwas hätte, was Constantin unbedingt haben wollte... er wäre bereits Tod und Geschichte. Er folgte dem Menschen weiter, bis er scheinbar an seiner Wohnung angekommen war.   

Doch bevor er die Stufen hinaufging blieb er wieder stehen und ruhte sich aus. Es war lange her das er sich so schwach gefühlt hatte und er setzte sich doch erst mal auf die Stufen der Treppe. Er zitterte und schwitzte ein wenig und holte einen kleinen Bonbon aus seiner Hosentasche um ihn zu lutschen damit sein Zuckerspiegel wieder auf die Beine kam. Wenn er so die Treppen hinaufging wie jetzt, würde er unterwegs mitten auf der Treppe das Schwächeln anfangen. 

Constantin war seiner Nemesis so nah, das er den herrlichen Duft des Blutes fast schon auf der Zunge schmecken konnte. Er hielt erst wieder inne, als Mokuba sich schwach auf die Treppe sinken ließ und nach einer Süßigkeit kramte. Sollte er, oder sollte er nicht... der Vampir wog beide Möglichkeiten ab und setzte sich schließlich deutlich sichtbar in den Schein einer der Straßenlaternen. Wenn Mokuba hochsehen würde, könnte er ihn auf dem Balkonrand des ihm gegenüberliegenden Hauses sitzen sehen. Vielleicht war es närrisch, aber Constantin wollte, das Moki ihn sah... das er vielleicht sogar begriff.. oder vielleicht wollte er auch einfach nicht von SEINEM Licht ignoriert werden.  

Fast als fühlte Moki es, sah er auf und erschrak halb zu Tode. Er schreckte auf und der Bonbon ging zu Boden als der Hellhaarige rücklings ein paar Stufen hinauftaumelte und sich am Geländer festklammerte. Er hatte nicht mit Constantin gerechnet, nicht jetzt, nicht hier und auch nicht das er ihn so schwach sah. Wie ein Todesengel saß der Vampir da und Moki begriff unterbewusst. „Du bekommst mich nicht....Noch nicht!“, rief er gereizt und sein Blick hätte jemanden erschlagen können. Dann wand er sich hastig ab und verschwand hinter der Haustür, er stürmte die Treppe hinauf, schloss mit zitternden Händen seine Tür auf und schlug sie, kaum das er drin war heftig zu und schloss sie ab. 

Mit solch einer heftigen Reaktion hatte der Vampir dann doch nicht gerechnet. Fast sprang er auf, als er den Menschen taumeln sah. Die Worte, so laut geschrien, das ihm die empfindsamen Ohren klingelten, ergaben für ihn überhaupt keinen Sinn. Bei dem folgenden Blick wäre er fast selbst zurückgezuckt, soviel Wut und Schmerz lag darin. Constantin spürte die Aufgewühltheit des Anderen, dessen Angst, aber auch dessen Zorn. Nachdenklich überschlug er die langen Beine und zog den Mantel sittsam über sein Becken. Was ging hier nur vor? Ein unangenehmes Prickeln kroch seine Wirbelsäule entlang und mündete in einem Schaudern, wie das Gefühl von Nägeln auf Schiefertafeln. War der Mensch in Gefahr? Einer Gefahr die nicht von ihm, Constantin, herrührte? Und wenn ja, sollte er eingreifen? Seine Sinne waren weit offen und dennoch konnte er keine Lebensgefahr feststellen. Kein Vampir weit und breit, keine Menschen mit bösen Absichten... Nichts. Und dennoch begannen die Fingerspitzen langsam zu brennen und mit einem genervten Seufzen sprang er auf die 20 Meter tiefe Strasse. Der Ruck, der durch seinen untoten Körper ging, brachte ihn zum Zischen. Er mochte sich bei solchen Gelegenheiten zwar nicht verletzen, aber ein fieses Gefühl war es dennoch. Schnell, fast schon fliegend, erreichte er eines der Fenster, hinter dem er Mokuba spüren konnte. Das Glas klirrte, zerbrach unter der Wucht seines Schlages und er stieg, die Sperrigkeit seines Mantels verfluchend, ein. Irgendetwas ging vor sich und aus einem seltsamen Bedürfnis heraus, musste er nach Mokuba sehen. Er hoffte nur, das dieser nicht gleich Tod umfallen würde... ein halb spöttisch, halb trauriges Lächeln glitt bei dem Gedanken über sein Gesicht.

 

-Weiter-

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