Constantin und Mokuba 02

 

So, der Typ spielte mit... fein, das konnte er haben. Mokuba lehnte sich wieder an und löste den Finger aus seinen Lippen um damit über sein Kinn und den Hals herabzustreichen. Dazu legte er den Kopf in den Nacken und seine Finger glitten tiefer zu dem Reißverschluss an seinem Kragen. Dort angekommen zog er ihn langsam auf und entblößte so einen Teil der unbehaarten Brust. Dann erst strichen seine Finger über die durchscheinende fast weiße Haut, zog den Reißverschluss aber gleich wieder zu und neigte sich leicht vor um Constantin frech grinsend die Zunge rauszustrecken. Nicht nur jener hatte alles mit angesehen, sondern auch einige Andere, die jetzt Constantin angafften und scheinbar hofften das noch mehr passierte.

 

Der Kleine war gut... frech, aber gut. Bei dieser Aktion hätte er sich fast die Fingernägel in den Hals gerammt, so sehr hatte ihn das Gesehene in den Bann gezogen. Er wollte diese weiße Haut mit Zungenschlägen kosten, sein Gesicht in dieser Halsbeuge vergraben und tief die verbotene Süße einatmen. Das Blut rauschte bereits deutlich schneller durch seine Adern und versorgte seinen Körper mit prickelnder Spannung. Aber noch hatte er die Kontrolle und Moki sollte sich nicht zu sehr in Sicherheit wiegen. Natürlich waren auch ihm die gierigen Blicke der Anderen nicht entgangen und da Auffallen nicht sehr förderlich für Vampire war, wäre es nun wirklich besser zu gehen. Andererseits würde der Mensch sich dann als Sieger wähnen... und das konnte und wollte er nicht auf sich sitzen lassen. Der Kellner trat an seinen Tisch heran um den Aschenbecher zu leeren. Bevor der Angestellte noch reagieren konnte, hatte er ihn am Nacken zu sich herabgezogen und seine Lippen fest auf dessen roten Mund gedrückt. Fast sofort wurde der Mensch Wachs in seinen Händen und klammerte sich an die in Leder gehüllten Schultern des Vampirs. Er wimmerte und drängte sich näher, doch Constantin beachtete ihn kaum, hatte nur Augen für sein anvisiertes Opfer. Er sorgte dafür, das Moki auf jeden Fall die ineinander gewundenen Zungen sehen konnte. Den Speichel, der dem unbedarftem Kellner über das Kinn lief und vor allen anderen Dingen, das siegessichere Flackern in seinen Augen. Er verschlang seinen Partner fast, brachte ihn dazu zu Wimmern, in den Kuss zu keuchen und als er in die Knie ging, ließ er langsam von ihm ab. Der Angestellte löste sich zittrig von Constantin und klammerte sich an den Tisch. Er wirkte etwas verwirrt und desorientiert, doch keineswegs unglücklich. Der Vampir stand auf und trat aus der Nische. Seine Augenbraue hob sich spöttisch, als er dem Menschen eine Kusshand zuwarf, zwinkerte und mit wehendem Mantel in der Menge verschwand.

 

Nur amüsierte das Mokuba eher, als das es ihn irgendwie schockte und er fing den Kuss mit seiner Hand und steckte ihn sich in die Hosentasche. ‚Da hat aber einer Dampf gehabt zum Ablassen.’, dachte er kichernd und setzte sich wieder ein wenig gerader hin, weil einer seiner Bekannten an den Tisch kam um ihn zu fragen was er da eben abgezogen hatte. „Ich habe nur gespielt, der Typ hat mich die ganze Zeit fixiert.“, erklärte er leise und vertiefte sich dann in ein Gespräch mit seinem Gegenüber.

 

Constantins Hochgefühl hielt etwa so lange, wie er benötigte um nach Hause zu gehen. An der Rezeption vorbei, in den Aufzug und damit hinauf in sein Penthouse. Er streifte den Ledermantel ab, öffnete Knopf für Knopf das Hemd und war bereits nackt, als er die Dusche betrat. Das heiße Wasser traf zischend auf seinen unterkühlten Körper und er wand sich lächelnd unter dem Nass. Völlig mit sich und der Welt im Reinen... er konnte nur den Kopf schütteln. Aber das Spielen hatte Spaß gemacht, es hatte ihn an früher erinnert, als er mit den Söhnen des Schusters geflirtet hatte, ohne das jemals etwas passiert war. Eine Ewigkeit her... mehrere Lebensalter, und doch konnte er sich noch an die lachenden Münder und das strohblonde Haar der beiden erinnern. Ein wenig Melancholie mischte sich in seinen Höhenflug und lenkte die Gedanken wieder auf Moki. Der Junge war schön, fast schon verboten aufreizend – und er hatte Humor. Constantin war zwar selbst eher staubtrocken, aber er schätzte einen guten Scherz und ein aufregendes Spiel. Das Wasser abstellend trat er aus der Dusche und wickelte sich in eines der flauschigen Handtücher. Als er an einem der hohen Spiegel vorbeikam, blieb er stehen und betrachtete sich lange und nachdenklich. Seine dunklen Haare hingen ihm über die Schultern und begannen bereits wieder sich an den Spitzen zu wellen. Seine Haut war von der Hitze leicht gerötet und seine Lippen waren geschwollen. „VERDAMMT!“, hallte es durch die Wohnung, als ihn mit voller Wucht die Erkenntnis traf. Er hatte mit einem gottverdammten Menschen rumgeknutscht! Mehr noch, er hatte sich zum Affen gemacht und aufgeführt wie ein Dandy! Wie zum Teufel, hatte dieser Schönling ihn dazu bringen können! Und wieso hatte er sich dazu hinreißen lassen? Es ergab doch keinen Sinn... Verlangen nach Körperlichkeit hatte er schon seit wenigstens fünfzig Jahren nicht mehr verspürt! Was passierte nur mit ihm?

 

Mokuba kam auch daheim an, er hatte sich kurz nachdem Constantin gegangen war ebenfalls abgesetzt. Er setzte sich erst einmal in seine Küche um zu verschnaufen. Nebenher drückte er auf eine kleine Fernbedienung und hörte seinen Anrufbeantworter ab. Natürlich waren wieder mehrere Nachrichten von seiner Mutter darauf, sie rief täglich an weil sie sich Sorgen machte. Morgens ging er meistens ran, aber heute hatte er sich nicht gemeldet und daher gab seine Mutter keine Ruhe. Sie hatte wohl Angst das er irgendwann im Schlaf starb und erst nach Tagen gefunden wurde... am liebsten wäre es ihr, wenn er bei ihr und seinem Vater Zuhause leben würde damit sie sich um ihn kümmern konnte. Das sie ihn damit quälte sah sie überhaupt nicht und allein schon ihre Anrufe auf dem AB sorgten dafür das er sich die Worte nicht zu Ende anhörte. Er griff in seine Tasche und zog den Kuss hervor um ihn anzusehen. „Den behalte ich, wer weiß, ob ich ihn nicht noch brauche.“, lachte er leise, steckte den Kuss wieder ein und schüttelte den Kopf über sein Verhalten. Dann stand er auf und ging ins Badezimmer, wo seine Medikamente standen. Es war eine ganze Batterie an Pillen die er ordentlich in einer kleinen Schatulle hatte, für jeden Tag drei kleine Fächer. Die Pillen für den Abend nahm er heraus und schluckte sie zusammen mit einem Tropfen Wasser herunter. Die Arzneien erinnerten ihn immer daran, wie krank er eigentlich war, aber er brauchte sie um länger zu leben auch wenn er niemals irgendeiner anderen lebensverlängernden Maßnahme zustimmen würde. Müde durch die schnell wirkenden Medikamente trottete er ins Schlafzimmer und legte sich angezogen wie er war ins Bett, wo er wie jeden Abend sofort tief und fest einschlief.

Die nächsten zwei Nächte waren die Hölle für Constantin. Sein Stolz verbot ihm, zurück in den Club zu gehen und so streunte er durch die Straßen von New Orleans. Kein Ziel vor Augen nur diese Unruhe, die ihn zusehends aggressiver machte. Seinem letzten Opfer hatte er unbemerkt das Genick gebrochen und statt den üblichen kleinen Wunden fast die Kehle aufgerissen. Das war nicht normal für ihn, das war gänzlich untypisch. Er war nie besonders grausam oder brutal gewesen, es lag einfach nicht in seiner Natur. Und doch hatte er seine Einrichtung recht übel zugerichtet und musste wohl in nächster Zeit ein paar neue Möbel anschaffen lassen. Mittlerweile war er sich sicher, das er das Licht brauchte. Mehr noch, er verlangte danach. Schon früher hatte er die Lebenslust der Menschen als sehr entspannend empfunden. Ihr Lebensfunke, den er so deutlich leuchten sehen konnte. Je mehr ein Mensch sein Leben liebte, je mehr er sich selbst auslebte... desto heller sah er es strahlen. Und es zog ihn an, wie das Licht die Motte. Und nun hatte er den Einen gefunden... jemanden, dessen Strahlen ihn blendete und er war ihm verfallen. Wie anders konnte er sich erklären, das jeder Gedanke nur bei Moki enden konnte? Die Erkenntnis war befreiend und zugleich ungeheuerlich für ihn. Die letzten Jahrhunderte war er ein Einzelgänger gewesen und dies wollte er auch nicht ändern. Er wollte einfach nur weiterhin vom Glanz kosten, zur Ruhe gebettet und vielleicht ein wenig mit dem attraktiven Mann spielen. Daran konnte nichts verwerflich sein, oder? In der dritten Nacht hatte er ausgiebig gespeist, seine Haut hatte sogar einen rosigen Hauch angenommen. Er hatte seine dicken Haare gebürstet, bis sie sein Gesicht umspielten und seine Kleidung mit sehr viel Sorgfalt gewählt. Die schwarze Lackhose mit den leicht ausgestellten Beine, dazu der schwarze Pulli mit dem weiten Ausschnitt, sodass man sein Schlüsselbein und einen Teil der Brustmuskeln sehen konnte. Dazu die schwarzen Lederschuhe und ein Lackmantel, an dessen Ärmel lange Stoffstreifen befestigt waren. Ein Blick in den Spiegel zeigte einen durchaus ansehnlichen Mann, groß und gut gewachsen mit sumpffarbenen Augen und aristokratischen Gesichtszügen. Er wollte schön sein für Mokuba, obwohl er nichts weiter tun würde als Spielen... und im Glanze erstrahlen.  

Zur selben Zeit machte sich sein Nemesis ebenso bereit für den Abend im Club. Moki trug einen Halbseitenrock über der schwarzen Wildlederhose die nur am Bein mit einigen Schnallen besetzt war, dort wo der Rock sie nicht verdeckte. Das ärmellose schwarze Shirt und das lederne Halsband rundeten das Gesamtbild noch ab. Es war Freitag Abend, heute waren immer besonders viele Leute da und heute war der Abend der blutigen Drinks oder auch der Vampirabend. Alle Getränke waren mit roter Lebensmittelfarbe versehen, damit es echt wirkte und Moki schminkte sich heute gar nicht, er sah aus wie ein Vampir, seine Haut war fahl und blass und er hatte leicht rötliche Augenränder, da brauchte er nichts weiter hinzufügen. Seine Haare stylte er ein wenig, struwelte es etwas mit Gel auf und nickte gleich zufrieden. „Auf geht’s in den Club... der Kuss ist dabei, vielleicht kann ich ihn ja zurückgeben.“ Wieder zog er den Kuss aus seiner Tasche und er lachte leise dabei, denn die letzten zwei Tage hatte er den Kerl nicht mehr gesehen, vielleicht wollte er seinen Kuss auch nicht wieder zurückbekommen... Aber vielleicht tauschen, mal sehen.

Als Constantin den Club betrat, wäre er am Liebsten gleich wieder gegangen. Vampirabend... er hatte diesen Tag völlig vergessen. Diese Veranstaltung mochte er nicht, weder mochte er die Möchtegern-Vampire noch die eingefärbten Drinks. Die jüngeren seiner Art waren sehr zahlreich zugegen, da man nur heute gefahrlos zwischen all den Menschen wandeln konnte, hier und da ein wenig kosten... eine riesige Orgie... eigens für Vampire geschaffen. Er konnte den feinen Hauch des bereits vergossenen Blutes riechen, vielleicht waren es auch nur die Drinks, die man ihnen hier servierte. Etwas zögerlich machte er sich auf den Weg zur Theke und bestellte etwas „Echtes“. Das Blut wurde ihm in einem schönen, aber falschen Silberkelch serviert und er atmete ein paar Mal das Aroma ein um dann das Gesicht zu verziehen. Schweineblut... bäh. Dafür war er sich dann doch zu schade. Die Musik war heute langsamer, nicht weniger laut, aber deutlich sinnlicher. Sie brachte sein Innerstes zum Summen und sein ganzes Sein war auf den Moment gerichtet, wenn seine Nemesis hoffentlich endlich kommen würde. Er setzte sich tatsächlich auf einen der Barhocker und ließ den Eingang nicht aus den Augen. Von hier aus konnte er alles überblicken, leider konnte auch er hier problemlos gesehen werden. Aber das war schließlich der Sinn der Sache... er wollte von IHM gesehen werden.

Und genau dieser betrat nur wenige Minuten später den Club und Mokuba sah seinen Stalker auch sofort. Er blieb lächelnd stehen und fixierte die sumpfgrünen Augen einen Moment. Dann sah er zu seiner eigenen Hosentasche, griff langsam hinein, holte den Kuss hervor und öffnete langsam seine Hand. Dort war zwar nichts zu sehen, aber Moki wusste um den Kuss und er pustete ihn sacht zurück und blickte dabei erneut zu dem Fremden.

Constantins Geduld wurde belohnt und als er der schmalen Gestalt gewahr wurde, war er überwältigt von dessen Anmut. Sein Nemesis blieb an der Türe stehen und kurz fragte er sich, ob der Mensch sich umdrehen und wieder gehen würde. Doch dann schickte er ihm seinen Kuss zurück... er hatte ihn tatsächlich aufgehoben, dachte der Vampir, irrationaler Weise davon wirklich geschmeichelt. Ein ehrliches Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er sie spitzte und so tat als hätte der Kuss wirklich seinen Mund berührt. Dann leckte er sich darüber und fast schien es, als würde er dieser Liebkosung nachfühlen wollen. Dann sah er kurz auf dem Hocker neben sich, wo gerade ein anderer Blutsauger am Nacken eines jungen Mädchens knabberte. „Verzeihung, aber sie stören. Gehen sie doch bitte in eine der Nischen.“, wisperte er ihm zu und als der Vampir verwirrt aufsah und einen dummen Spruch loslassen wollte, fletschte Constantin drohend die Fänge. Der Andere griff nach seiner Begleitung, stand sofort auf und bugsierte das Mädchen in eine der dunklen Nischen. Der Hocker war nun frei und Constantin sah zu Moki hinüber und machte anschließend eine auffordernde Geste zum freien Platz neben sich. Würde er kommen?

-Weiter-

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